Im Rahmen einer Vorabentscheidung auf eine Vorlage des Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Berufungsgericht Arnhem-Leeuwarden, Niederlande) hat der EuGH (C-310/17) entschieden ,
„dass der Geschmack eines Lebensmittels nicht als „Werk“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 einzustufen ist.“
und ihm somit kein Urheberrechtsschutz zukommt.
Ergangen ist dieses Urteil im Rahmen eines Streit zwischen der Levola Hengelo BV (im Folgenden: Levola) und der Smilde Foods BV (im Folgenden: Smilde).
Laut EuGH ist
„der „Heksenkaas“ oder „Heks’nkaas“ (im Folgenden: Heksenkaas) [..] ein im Jahr 2007 von einem niederländischen Gemüse- und Frischproduktehändler kreierter Streichkäse mit Crème fraîche und Kräutern. Aufgrund eines im Jahr 2011 geschlossenen Vertrags wurden die Rechte des geistigen Eigentums an diesem Erzeugnis von dessen Schöpfer gegen eine an den mit diesem Erzeugnis erzielten Umsatz geknüpfte Vergütung an Levola übertragen. Seit Januar 2014 stellt Smilde ein Erzeugnis mit der Bezeichnung „Witte Wievenkaas“ für eine Supermarktkette in den Niederlanden her. In der Erwägung, dass die Herstellung und der Verkauf von Witte Wievenkaas ihre Urheberrechte am „Geschmack“ des Heksenkaas verletze, erhob Levola bei der Rechtbank Gelderland (Gericht Gelderland, Niederlande) Klage gegen Smilde.
Zu dem Ergebniss, dass der Geschmack eines Lebensmittels nicht als „Werk“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 einzustufen is und ihm somit kein Urheberrechtsschutz zukommt, gelangte der EuGH basierend auf folgenden zentralen Erwägungen:
Der Begriff „Werk“, auf den die Richtlinie 2001/29 abzielt, impliziert daher notwendigerweise eine Ausdrucksform des urheberrechtlichen Schutzobjekts, die es mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar werden lässt, auch wenn diese Ausdrucksform nicht notwendigerweise dauerhaft sein sollte.
Zum einen müssen nämlich die Behörden, die mit dem Schutz der dem Urheberrecht innewohnenden Ausschließlichkeitsrechte betraut sind, die so geschützten Objekte klar und genau erkennen können. Dasselbe gilt für Privatpersonen, insbesondere Wirtschaftsteilnehmer, die mit Klarheit und Genauigkeit die Objekte identifizieren können müssen, die zugunsten von Dritten, insbesondere Wettbewerbern, geschützt sind. Zum anderen impliziert das Erfordernis des Ausschlusses jedes – der Rechtssicherheit schädlichen – subjektiven Elements bei der Identifizierung des geschützten Objekts, dass dieses Gegenstand eines präzisen und objektiven Ausdrucks sein kann.
An der Möglichkeit einer präzisen und objektiven Identifizierung fehlt es aber im Fall des Geschmacks eines Lebensmittels. Im Unterschied zu beispielsweise einem literarischen, bildnerischen, filmischen oder musikalischen Werk, das eine präzise und objektive Ausdrucksform darstellt, beruht die Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels nämlich im Wesentlichen auf Geschmacksempfindungen und erfahrungen, die subjektiv und veränderlich sind, da sie u. a. von Faktoren, die mit der Person verbunden sind, die das betreffende Erzeugnis kostet, wie beispielsweise deren Alter, Ernährungsvorlieben und Konsumgewohnheiten, sowie von der Umwelt oder dem Kontext, in dem dieses Erzeugnis gekostet wird, abhängen.Zudem ist beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft eine genaue und objektive Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels, die es erlaubt, ihn vom Geschmack anderer gleichartiger Erzeugnisse zu unterscheiden, mit technischen Mitteln nicht möglich.
Nach alledem ist daher festzustellen, dass der Geschmack eines Lebensmittels nicht als „Werk“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 einzustufen ist.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber darauf, dass beispielsweise für die Herstellung und die Rezeptur durchaus Schutz durch Geschmacksmuster und Patente erreicht werden kann. So wurde laut Ausführung des EuGH auch für das Verfahren zur Herstellung von Heksenkaas im Jahr 2012 ein Patent erteilt. Dies schützt jedoch nicht unbedingt davor, dass ein sehr ähnlicher oder idenitscher Geschmack auf anderem Wege erreicht wird.